Im dritten Beitrag unserer Video-Reihe „Nachhaltige Projekte im Landkreis“ berichten Dr. Karlheinz Hörsting und Christian Meerwarth aus Oberderdingen von ihrem nachhaltigen “Joint venture”, das sie 2010 gestartet haben: die Erzeugung von Biogas auf der einen und deren Abnahme zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen auf der anderen Seite. Dr. Hörsting verantwortet die operativen Prozesse bei der Blanc & Fischer Familienholding, zu der auch die E.G.O. in Oberderdingen gehört, Meerwarth ist gemeinsam mit Vater und Bruder Inhaber der Meerwarth Biogasanlage GbR.
Vor rund 15 Jahren beschlossen die Meerwarths, die Reststoffe aus der Tierhaltung ihres Milchviehbetriebs energetisch zu verwerten und damit den energetischen Energiekreislauf ihres Betriebes zu schließen. Konkret geht es um Gülle, aber auch Futterreste und organische Reststoffe vom Futteranbau auf Feld und Acker. Wichtig war ihnen von Anfang an, schon bei der Planung ihres Vorhabens einen interessierten Abnehmer der umweltfreundlich erzeugten Energie ins Boot zu holen. Und so ging man auf die E.G.O. zu, einen nahegelegenen Zulieferer für Haushaltsgeräte, der in 19 Ländern weltweit ca. 6.000 Menschen beschäftigt, weit mehr als 1.000 davon am Standort Oberderdingen.
Die E.G.O. hatte sich zu dieser Zeit bereits die Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben und etwa mit Ausbau von Dach-Photovoltaik auf ihren Produktionshallen oder der Nutzung von Abwärme aus der Produktion wichtige Wege zur CO2-Einsparung beschritten. Kein Wunder also, dass man sich schnell mit Familie Meerwarth einig wurde, sodass die erste Biogasanlage im Jahr 2010 an den Start gehen konnte.
Das Biogas wird direkt leitungsgebunden auf das E.G.O.-Gelände, wo es ein BHKW (Block-Heizkraftwerk) mit einer elektrischen Leistung von 400 kW antreibt. Seitdem spart das Unternehmen jedes Jahr ca. 200.000 Liter Heizöl und damit ungefähr 630 Tonnen CO2 ein. Da bei der Verstromung des Biogas außerdem viel Wärme frei wird, können quasi als Mitnahmeeffekt das komplette Entwicklungs- und Technologiezentrum und Teile der Produktionshallen mit dieser Wärme versorgt werden.
Die Erfolge waren für beide Seiten und, wie Dr. Hörsting anmerkt, natürlich auch für die Umwelt bestechend. Davon beflügelt, baute man die Kooperation aus und nahm im Jahr 2020 eine zweite Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung in Betrieb, mit der noch einmal zusätzliche 300.000 Liter Heizöl bzw. 940 Tonnen CO2 eingespart werden – und das jedes Jahr.
Der Betrieb der Meerwarths ist einer der wenigen tierhaltenden Betriebe in der Region, der aber gleichzeitig viele Futteranbauflächen hat. Meerwarth weist darauf hin, dass ihr Betrieb im Umland der einzige sei, der seine organischen Reststoffe energetisch verwerten kann. Damit kann sein Betrieb Futter von den Futtererzeugern der Umgebung beziehen, organische Reststoffe energetisch verwerten und im Gegenzug organischen Dünger zurückliefern. Das ersetzt jährlich ungefähr 300 Tonnen synthetischen Mineraldünger und ermöglicht eine nachhaltige Fruchtfolge, was einer zunehmenden “Vermaisung” der regionalen Landwirtschaft entgegenwirkt.
Der Landwirt räumt ein, dass es auch Stolpersteine gab, etwa die etwa dreijährige Dauer bis zur Genehmigung der zweiten Anlage, die eine wirtschaftliche Planung durchaus erschwerte. Gelohnt habe sich das Dranbleiben aber allemal, nicht nur aus Wirtschaftlichkeits- und Nachhaltigkeitsgründen: Dank des unmittelbar erkennbaren Bezugs der Biogasanlage zu einem aktiven Landwirtschaftsbetrieb und des mit der technischen Lösung erzielten Wirkungsgrades von annähernd 90 % gebe es viel Zustimmung und positive Rückmeldung aus der Bevölkerung – ein wichtiger Faktor für das Gelingen der Energiewende, die durch zahlreiche Bürgerproteste landauf, landab vielerorts ausgebremst wird. Umso schöner, dass die Meerwarths schon wieder neue Ideen für Nachhaltigkeitsprojekte haben.
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