Bei den Plänen, Energie aus Tiefengeothermie im Oberrheingraben zu erschließen, wird als Kritikpunkt häufig die ungeklärte Regulierung eventuell auftretender Schadenfälle angebracht. Zwar sind aus den Medien präsente Schäden wie in Staufen bei Freiburg oder im elsäßischen Vendenheim bei der in der Region Karlsruhe verwendeten Technologie prinzipiell nicht möglich – in beiden Fällen handelte es sich um eine grundsätzlich andere Technologie. Für den Fall unwahrscheinlicher, aber unter Umständen doch denkbarer anderer Schäden an Gebäuden oder Eigentum in der Umgebung wurde aber schon geraume Zeit gefordert, dass die Haftungsfrage in solchen Fällen geklärt wird und nicht zu Lasten von Anwohnern geht.
Um hier eine praktikable Lösung zu finden, hat das Umweltministerium Baden-Württemberg bei Prof. Dr. Oliver Brand von der Rechtsabteilung der Universität Mannheim ein Gutachten zur Untersuchung der aktuellen Schadensfallabsicherung und -regulierung in Auftrag gegeben. Das Gutachten liegt nun vor und kann vom Server des Umweltministeriums heruntergeladen werden.
Die Ergebnisse der Untersuchung können als Grundlage dienen, um eine mögliche Schadensabwicklung zu verbessern. Die wichtigsten Eckpunkte sind hier aufgeführt:
Die Haftung der Projektierer von Tiefengeothermie wird durch das Bundesberggesetz (BGB) festgelegt. Der Projektierer muss im Schadensfall nachweisen, dass die Schäden nicht durch ihn verursacht sein können. Damit liegt die Beweispflicht nicht z. B. bei einem betroffenen Hauseigentümer. Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist für den Projektierer grundsätzlich zwar nach dem BGB freiwillig, es gibt jedoch eine indirekte Verpflichtung dazu durch das Gesellschaftsrecht.
Ein häufiges Problem in der Vergangenheit war, dass Geschädigte erwarten, dass eine Entschädigung bis zum Neuwert geleistet wird, wie es unter Umständen bei einer Eigenversicherung der Fall ist. Dies ist jedoch nach dem Bundesgesetzbuch für Haftpflichtversicherungen nicht vorgesehen, denn darin heißt es “Geschädigte müssen so gestellt werden, als hätte das schädigende Ereignis nie stattgefunden.“ In der Praxis entspricht das einer Entschädigung bis zum Zeitwert.
Gleichzeitig erwarten Geschädigte häufig eine umgehende Schadensabwicklung, wie es ebenfalls bei einer Eigenversicherung im Idealfall zu erwarten ist. Dies ist jedoch bei der aktuellen Art der Schadensabwicklung nicht möglich.
Eine zentrale Fragestellung in dem Gutachten beschäftigt sich mit der Überlegung, ob eine Landesbürgschaft für Schäden durch geothermische Projekte die Schadensabwicklung verbessern würde. Prof. Dr. Brand kommt zu dem Schluss, dass eine solche Bürgschaft nicht zu den gewünschten Verbesserungen führen würde. Eine Landesbürgschaft setzt aus seiner Sicht Fehlanreize, vollführt die unnötige Sozialisierung von Schäden und stört das ausgewogene Verhältnis von Haftung und Versicherung.
Dem entgegen empfiehlt der Rechtsexperte die Einführung eines Ombudvereins zur außergerichtlichen Streitbeilegung, in dem sämtliche Projektierer und Versicherer Mitglied sind. Über diesen Ombudsverein könnten folgende Schritte durchgeführt werden:
- Festlegung von einheitlichen Standards zur Schadenserfassung und -regulierung über die Vereinssatzung
- Einführung einer Ombudsperson als neutrale Institution zur Schadensregulierung
- Land kann Ombudsverein inhaltlich und durch Wahl der Ombudsperson unterstützen
- Mitgliedschaft im Ombudsverein sollte Pflicht seitens Bergbehörde werden
Nun bleibt mit Spannung abzuwarten, welche Schlüsse das Land aus dem vorliegenden Gutachten zieht und welche Schritte unternommen werden, um die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Tiefengeothermie zu verbessern..
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