Pressemitteilung der BNN
Die Arbeiten an einer Wärmetrasse in der Bruchsaler Südstadt sind auf der Zielgeraden. Artikel von Nicole Jannarelli || Bild zeozweifrei.de
Bruchsal. Bei der Fernwärme gelten die Dänen als Pioniere – nicht nur, dass in Dänemark bereits 40 Prozent des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien stammt, rund die Hälfte des Energiebedarfs wird durch Fernwärmenetze geliefert. Um so mehr freut es die Stadtwerke Bruchsal, dass die Experten des Verbandes „Danish Board of District Heating“ sich für den Aufbau des Fernwärmenetzes in der Bruchsaler Südstadt interessieren. Das Projekt ist nominiert als „Best-Practice“-Beispiel und hat Konkurrenz aus Barcelona und England.
Lob ist schön, aber das Fernwärmenetz der Südstadt ist vor allem ein Beispiel dafür, wie Kommunen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten können. „Dort können wir den Ausstoß von CO2 um 1.600 Tonnen im Jahr reduzieren.
DasistschoneineHausnummer“,sagtSebastian Heilemann, Marketingchef bei den Stadtwerken. Mehr als 90 Prozent der Energieträger seien erneuerbar.
Der Begriff Fernwärme könnte aufs Glatteis führen, denn die Energie wird für die Südstadt nicht in weit entfernten Kraftwerken erzeugt und mittels Leitungsnetz herbeigeschafft. Stattdessen sind es Heizzentralen vor Ort, die das Wärmenetz und damit die angeschlossenen Gebäude mit Energie versorgen.
Das Netz erstreckt sich zwischen dem Gewerblichen Bildungszentrum (GBZ) und der Konrad-Adenauer-Schule entlang der Franz-Sigel-Straße und des Tannenwegs. Die beiden Schulen sind nicht nur Standort der Heizzentralen, sondern auch die wichtigsten Abnehmer. Durch dieses Vorgehen wird die Fernwärme für Kommunen und örtliche Stadtwerke überhaupt erst attraktiv: Gut 60 Prozent der erzeugten Energie gehen nach Angaben der Stadtwerke an die beiden Einrichtungen. Als weiterer großer Abnehmer ist das im Bau befindliche Seniorenzentrum St. Anton am Dieselweg dazugekommen. Auch ein geplantes Neubaugebiet soll später einmal ans Netz angeschlossen werden.
Bis zur nächsten Heizperiode soll die Fernwärme fließen, informiert Projektleiter Martin Stock von den Stadtwerken: „Die Trasse ist verlegt, aktuell wird die Heizzentrale am GBZ ertüchtigt.“ Weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht, bleibt der Glasbau erhalten. „Im April werden die neuen Anlagen installiert, Ende Juli sollen sie in Betrieb gehen.“ Als Energieerzeuger dienen ein Biomassekessel, ein Biomethan-Blockheizkraftwerk, Solarthermie, eine Pellet-Heizung und ein Gas-Kessel.
„Es ist leichter eine Heizzentrale zu erneuern oder zu errichten, als kleinteilig zu arbeiten. So ist es möglich, schnellere Schritte beim Klimaschutz voranzugehen“, erklärt Armin Holdschick, der bei der Umwelt- und Energieagentur des Landkreises kommunale Quartiers- und Nahwärmeprojekte betreut und Energiepläne erstellt. Die Agentur ist so etwas wie der ideologische Treiber, der im Landkreis den Klimaschutz vorantreibt und Schadstoffe nicht nur minimieren will, sondern langfristig vermeiden.
Rund 3,5 Millionen Euro kostet die Wärmetrasse, davon kommen 2,8 Millionen Euro über Fördermittel. Rund 100 Gebäude könnten in der Südstadt mit der Wärmetrasse verbunden werden. Und da geht es an die Kärrnerarbeit, an die harte Kleinarbeit im Verborgenen, bei solchen Vorhaben, denn der Endverbraucher muss überzeugt werden. Das glückt am besten über den Preis. Marktübliche Angebote seien wichtig, sagt Armin Holdschick von der Energieagentur. „Dem Verbraucher kann man 20 bis 30 Prozent Mehrkosten nicht vermitteln, auch wenn es sich um höherwertige Energie handelt“, sagt er. Da sich Kunden langfristig an den Erzeuger alsMonopolist binden (in diesem Fall die Stadtwerke), ist das ein zentraler Aspekt. Neu hinzu komme jedoch, dass es Verbrauchern wichtiger werde, CO2 zu sparen. Dadurch werde die Fernwärme attraktiver.
Was mögliche Kunden auch brauchen, ist ein langer Atem. Fernwärme gibt es nicht von heute auf morgen: Durchschnittlich dauern Planung und Umsetzung rund fünf Jahre, sagt Armin Holdschick. Im Bruchsaler Quartier Belvedere soll schon nach drei Jahren, 2022, die Umsetzung beginnen. Auch für die Innenstadt wird ein Konzept erstellt.
Hintergrund
Die Raumwärme und das Warmwasser werden geliefert: Bei Fernwärme haben die Abnehmer keinen eigenen Heizkessel im Keller stehen, sondern eine Übernahmestation und einen Warmwasserkessel. Erzeugt wird die Energie in einer oder mehrerer Heizzentralen. Über ein mehrfach gedämmtes Rohrsystem wird die Energie zu den Verbrauchern geliefert.
Kamen früher in den Fernwärmenetzen vor allem fossile Brennstoffe zum Einsatz, geht europaweit der Trend zu erneuerbarer Energie. Zum Einsatz kommen Blockheizkraftwerke, Biomasseanlagen, Solarthermie oder Pellet-Heizungen. Oft ist es eine Mischung verschiedener Energieerzeuger. Vorreiter auf diesem Gebiet ist Dänemark, dort sind schon zwei Drittel der Haushalte an Fernwärmenetze angeschlossen. Öl- und Gasheizungen wurden 2013 von der Regierung verboten.
Die Umwelt- und Energieagentur des Landkreises Karlsruhe unterstützt Städte und Gemeinden bei energetischen Sanierungen und Quartierskonzepten. Mehr als 30 Konzepte wurden bereits erstellt. Die Agentur wurde vom Landkreis und den Stadtwerken Bruchsal, Bretten und Ettlingen gegründet. Ziel ist es, den Landkreis bis 2050 CO2-frei zu kriegen. leja
100 Gebäude
können in der Südstadt mit Fernwärme versorgt werden.