Wer sich für Nachhaltiges Bauen und Sanieren im Landkreis Karlsruhe interessiert, findet im Netz ab sofort einen spannenden Video-Kurzbericht zur alten Tabakscheune in Neibsheim. Das Interview mit dem Architekten und Eigentümer Florian Blümig bildet den Auftakt zur Videoreihe “Nachhaltige Projekte im Landkreis Karlsruhe”, in der ab Februar 2024 modellhafte Projekte vorgestellt werden, die das Thema Nachhaltigkeit in der Region voranbringen.
Schon in den frühen 2000er-Jahren entdeckte der Architekt Florian Blümig bei einer Radtour durch den Brettener Ortsteil Neibsheim die verwaiste Tabakscheune und fasste den Entschluss, sie durch einen Umbau zu Wohnzwecken zu erhalten und ihr damit neues Leben einzuhauchen. Er plante einen Umbau mit viel Rücksicht auf den ursprünglichen Charakter des Gebäudes, der gleichzeitig ein behagliches, helles Wohnen bei Verzicht auf Öl- oder Gasheizung ermöglicht.
Mit seinem Konzept überzeugte er die anfänglichen Skeptiker in der Gemeinde, die einen sinnvollen Umbau dieser Scheune mit seiner typischen Gebäudehülle in ein Wohngebäude nicht für möglich hielten. So konnte er letztlich das Gebäude erwerben und seine Pläne in die Tat umsetzen – überraschenderweise auch mit mehr Unterstützung als Gegenwind von der Denkmalbehörde, die sein Konzept honorierte, dass er so weit wie möglich auf die vorhandene Baustruktur zurückgriff. Nach zwei Jahren engagierter Arbeit konnten er und seine Frau im Jahr 2005 dann einziehen.
Damit war Blümig einer der Wegbereiter für Nachhaltiges Sanieren im Landkreis Karlsruhe und setzte vor fast 20 Jahren vieles um, was der Landkreis inzwischen mit seiner Klimaschutzstrategie zeozweifrei 2035 anstrebt. So wird das Haus mit Hackschnitzeln beheizt, die aus Holzabfällen in den umliegenden Wäldern stammen und direkt bei den Bauernhöfen und Erzeugern abgeholt werden. Das spart Transportwege und hält die Wertschöpfung in der Gemeinde.
Um möglichst helle Räume zu haben, mussten die vielen Fenster in Dreifachverglasung ausgeführt und die Gebäudehülle gut gedämmt werden, wobei so gut wie ausschließlich ökologische Baustoffe ohne Kunststoffe eingesetzt wurden. Und schließlich holte sich Blümig die Genehmigung, das Regenwasser vom Dach direkt in vier Rigolen statt in das Kanalnetz ableiten zu dürfen, womit das Regenwasser jetzt auf dem Grundstück verbleibt, wo es anfällt.
Besonders freut sich der Hausbesitzer, dass er einige Jahre später das Dach mit 30 Photovoltaik-Paneelen nachgerüstet und einen Batteriespeicher angeschafft hat – gegen den ausdrücklichen Rat der Ökonomen in seinem Bekanntenkreis und seines Steuerberaters. Im Nachhinein nämlich erwiesen sich die Befürchtungen der Unwirtschaftlichkeit als unbegründet. Mit jährlich ca. 11.000 kWh selbst erzeugtem Solarstrom bei einem Verbrauch von 7.000 bis 8.000 kWh ist die Familie beim Stromverbrauch autark.
Bis heute hat die Familie immer wieder einmal Besuch von Interessierten, die 50 oder sogar 100 Kilometer fahren, nur um sich dieses einzigartige Sanierungsbeispiel anzusehen, das nicht zuletzt mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg und im Rahmen des Wettbewerbs „Baukultur Kraichgau“ ausgezeichnet wurde. Ihnen erläutert Blümig gern, wie er die Skeptiker hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Denkmalschutz, aber auch Brandschutz letztendlich überzeugen konnte.
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