Die Nutzung der Pflanzenkohle Terra preta (portugiesisch für „schwarze Erde“) ist in vielen Kulturen seit Jahrhunderten bekannt und erlebt aktuell wieder eine Renaissance. Sie wird durch Pyrolyse aus biologischen Abfällen gewonnen und gewinnt nicht zuletzt deshalb wieder an Bedeutung, da sie zum einen ein sehr effektiver CO2-Speicher ist, zum anderen aber auch ein sehr effektives und nachhaltiges Mittel zur Verbesserung von Bodenfruchtbarkeit ohne den Einsatz chemischer Dünger oder Zuschlagsstoffe. Bei der Herstellung von Pflanzenkohle aus trockenen Holzabfällen entsteht erhebliche nutzbare Prozesswärme. Diese Wärme soll im Landkreis Karlsruhe zur Beheizung von Wärmenetzen eingesetzt werden.
Terra Preta
Die Pyrolyse-Pilotanlage der Initiative HumuStutensee um Reiner Dick und Klaus Kaiser auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Uwe Lengert
Bei der Pyrolyse werden die Pflanzenreste unter Sauerstoffausschluss so lange erhitzt, bis sie nahezu vollständig verkohlt sind. Dabei wird ein Gasgemisch aus Kohlenwasserstoffen freigesetzt, das direkt für den weiteren Heizvorgang verwendet wird und dabei zusätzliche Prozesswärme abgibt. Besonders günstig ist das Wärmepotenzial dabei im Dauerbetrieb, da nur zum Start des Pyrolysevorgangs Energie von außen zugeführt werden muss. Technisch ist dabei auch die Erzeugung von grünem Strom mit Gasturbinen möglich.
Das Endprodukt Terra preta ist eine hochporöse Pflanzenkohle, die zu über 90% aus reinem Kohlenstoff besteht. Sie kann, mit Nährstoffen (und Wasser) angereichert, als Bodenverbesserer das Pflanzenwachstum verbessern, aber auch Tieren zum Futter beigemischt werden. Untersuchungen der ETH Zürich etwa zeigen, dass die Verdauung von Kühen durch die Beimischung von Pflanzenkohle weniger Methanausstoß verursacht. Im Ackerbau kann die Pflanzenkohle über die enthaltene Kohlenstoffbindung hinaus wertvolle zusätzliche klimapositive Effekte erzielen.
Wissenschaftliche Studien einer Forschungsgemeinschaft aus dem Schweizerischen Ithaka-Institut, der Hochschule Geisenheim, dem Kompetenzzentrum Agroscope und dem spanischen CEBAS-CSIC bescheinigt der Anwendung von Pflanzenkohle eine erstaunliche Wirkung:
• Verbesserung der 65 agronomischen Parameter im Boden um durchschnittlich 20 %
• Wirksamstes Mittel der letzten 40 Jahre zur Steigerung der landwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
• Eindeutig erwiesene Zunahme der mikrobiellen Biomasse und des Humusgehalts
• Stark erhöhte Wassernutzungseffizienz
• Reduktion der pflanzlichen Aufnahme von Schwermetallen
• Reduktion der Lachgasemissionen und Nitratauswaschung
• Verbessertes Pflanzenwachstum durch den hohen Aschegehalt der Pflanzenkohle
• Wirksamkeit der Pflanzenkohle kaum abhängig von der Textur des Bodens
Dabei konnten die Forschenden bei keinem einzigen der 65 untersuchten agronomischen Parameter einen negativen Einfluss durch den Einsatz von Pflanzenkohle nachweisen.
Auch der Landkreis Karlsruhe hat bereits Feldversuche gestartet: So haben die Mitglieder des Kreistags-Ausschusses für Umwelt und Technik Ende März 2022 die ersten Bäume für einen Versuchswald auf der Gemarkung von Graben-Neudorf gepflanzt. In einem Kooperationsprojekt vom Landratsamt mit der Forstversuchsanstalt, der Initiative HumuStutensee, der Gemeinde Graben-Neudorf und der UEA wird dort untersucht, wie der Einsatz von Terra preta die Wasserspeicherfähigkeit des Untergrunds erhöhen und damit Bäume resistenter gegen den Klimawandel machen kann.