Das Umweltministerium BW hat das Potential von Kläranlagen für die regionale Wärmewende erkannt und im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit dem DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall) das Projekt „Lokalisierung von Standorten für den Einsatz von Abwasserwärmenutzung aus dem Auslauf von Kläranlagen in Baden-Württemberg“ gestartet. Das mit rund 170.000 Euro geförderte Projekt hat zum Ziel, 10 Standorte in Baden-Württemberg zu identifizieren, bei denen die Nutzung der Abwärme aus dem geklärten Abwasser initiativ vorangetrieben wird.
„Die Technologie der Abwasserwärmenutzung ist zwar bekannt, aber sie kommt bisher nur vereinzelt zum Einsatz. Das soll sich ändern, denn so kann Wärme effizient und CO2-arm gewonnen werden“, hat die Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Thekla Walker, betont. „Deswegen haben wir im neuen Koalitionsvertrag die Nutzung von Wärme aus Kläranlagen auch explizit als wichtigen Baustein der Wärmewende aufgeführt.“ Theoretisch könnte der aus Kläranlagen gewonnene Abwasserstrom mit effizienter Wärmepumpentechnologie und Wärmenetzen zwischen fünf und zehn Prozent aller Gebäude in Baden-Württemberg umweltfreundlich und kostengünstig beheizen. Das reduziere den Einsatz fossiler Brennstoffe und damit die hohen CO2-Emissionen, die bisher bei der Wärmeversorgung anfallen, so die Umweltministerin weiter.
Die Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe ist zur fachlichen Begleitung im Projektbeirat des Pilotprojekts aktiv und stimmt sich eng mit dem DWA und den weiteren Projektbeteiligten, darunter das Ingenieurbüro Schuler (IBS) und das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) ab.
Die Kläranlage Stutensee-Blankenloch ist als einer der 10 Standorte in das Projekt aufgenommen worden und wird im Rahmen eines Energiequartiers untersucht. Es soll geprüft werden, wie die kommunalen, kirchlichen und privaten Gebäude, welche im ersten Schritt mittels Wärmenetz erschlossen werden, perspektivisch mit der Abwärme aus der Kläranlage versorgt werden können. Das Klärwerk soll auf anaerobe Vergärung (Faulgasbetrieb) umgestellt werden, wodurch ohnehin umfangreiche Baumaßnahmen an der Kläranlage notwendig werden. In diesem Zuge soll die Abwärmenutzung im Ablauf durch die Installation eines Wärmetauschers ermöglicht werden. Die Wassertemperatur im Ablauf der Kläranlage beträgt ganzjährig etwa 8 – 14°C und wird mit einer Wärmepumpe auf das notwendige Temperaturniveau gebracht. Im ersten Schritt soll der Faulturm mit der Abwärme beheizt werden, da dazu bereits 35 – 40°C Vorlauftemperatur ausreichend sind. Dadurch muss die Wärmepumpe nur einen geringeren Temperaturhub leisten, was die Systemeffizienz erhöht. Die eingesparte Wärme, die alternativ das Blockheizkraftwerk (BHKW), in dem das Faulgas verstromt wird, hätte leisten müssen, kann somit für die Beheizung des Wärmenetzes genutzt werden. Das BHKW erzeugt Wärme auf einem Temperaturniveau von 90°C, welches sonst auf die Vorlauftemperatur des Faulturms abgekühlt werden müsste – ein thermodynamisch enorm verlustreicher Vorgang.
Anhand dem im Titelbild dargestellten Best Practice Beispiel aus der Gemeinde Ilsfeld und der Vorgehensweise in Stutensee wollen wir alle Kläranlagen im Landkreis hinsichtlich der Abwärmenutzung untersuchen – dies hat auch ökologische Vorteile. Durch die Abkühlung des Auslaufs wird die Einbringung von Wärme in die Gewässer und Flüsse reduziert, was sich positiv auf die Biologie auswirkt. Gleichzeitig hat der Wärmeentzug am Auslauf für die biologischen Prozesse der Kläranlage keine negativen Auswirkungen.
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